Schönwetter-Biker

Frühlingszeit ist Motorrad-Zeit. Aber das der Start in die Saison nicht immer ohne Stolperfallen abläuft, zeigt das Editorial der Osterausgabe von „Unser Schaufenster“. Auch diesmal wieder komplett aus dem Hause sixtyseven

Liebe Leserinnen und Leser,

„Frühling läßt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte. Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land” – so poetisch beschrieb im neunzehnten Jahrhundert der Dichter Eduard Mörike den Beginn der für mich wohl schönsten Jahreszeit des Jahres. Obwohl – blaue Bänder flattern bei mir wohl weniger, eher die Fransen meiner Lederjacke, denn Frühling bedeutet für mich vor allem eines: Karre raus!

Meine Savage 650, wegen der Typen-bezeichnung „LS” von Insidern auch liebevoll Else genannt, steht in der Schlechtwetterperiode in der Regel in der Garage, weswegen ich mich auch niemals traue, von mir selbst als Biker zu sprechen. Für uneingeweihte und Nicht-Fahrer: „Richtige” Biker unterscheiden da nämlich sehr fein zwischen Winterfahrern und Weicheiern. Winterfahrer fahren den Winter durch, Weicheier trifft man im April auf dem Straßenverkehrsamt, wo sie ihre Maschinen wieder anmelden. Und Winterfahrer grüßen keine Weicheier. Nie!

Überhaupt ist das mit dem Grüßen unter motorisierten Verkehrsteilnehmern eine schwierige Sache. Polofahrer grüßen einander nicht, ebensowenig Mercedesfahrer. Doch fahren zwei Alfa-Romeo-Fahrer aneinander vorbei , sieht man gelegentlich ein lässiges Zucken des kleinen Fingers. Alles klar, man hat sich erkannt. Fuhr man früher einen 2 CV, im Volksmund sicher eher als Ente bekannt, grüßte man andere Enten-Fahrer gerne auch mal durch Wackeln mit der Frischluftklappe. Selbst LKW-Fahrer pappten sich in früheren Zeiten eine rote Winke-Plastikhand hinter die Windschutzscheibe und der Drops war gelutscht.

Unter Motorradfahren hingegen ist das Grüßen stark reglementiert und von zahlreichen Ge- und Verboten umlagert. Wichtigste Regel hierbei: Grüße niemals ein Kraftrad, welches weniger als 100 Kubikzentimeter Hubraum besitzt. Wer fahrlässig Mofas, Mokicks, Klein- und Leichtkrafträder, vor allem aber Motorroller grüßt, outet sich im selben Moment als blutiger Anfänger. Aber: Keine Regel ohne Ausnahme, denn einen Sonderstatus besitzen die Fahrer historischer Motorräder. Oldtimer werden meist von älteren und versierten Fahrern bewegt, so genannten „alten Schraubern”. Solchen ist grundsätzlich Respekt zu zollen. Im Zweifelsfalle jedoch lieber mal die Hand am Lenker lassen. Ist für Anfänger ohnehin besser.

Ich als Redakteur dagegen hab es gottseidank etwas einfacher, deswegen grüße ich an dieser Stelle meine beiden Lieblingsbiker Jobo und Mieze und freue mich auf die erste Ausfahrt. Wenn die Else denn anspringt …

Herzlichst, Ihr André R. Kohl

Details
Titel: Osterausgabe Unser Schaufenster 2009
Autor: André R. Kohl

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