Man muss halt einfach nur daran glauben

Es weihnachtet sehr – natürlich auch in der Redaktion von „Unser Schaufenster“. Und passend zum bevorstehenden Weihnachtsfest gibt es diesmal ein eher leises Editorial: die 8-jährige Virginia O“Hanlon schreibt einen Brief an den Herausgeber der New Yorker Tageszeitung „The Sun“.

Liebe Leserinnen und Leser,

okay, okay, ich gebe es zu. Ich bin ein bekennender Weihnachts-Junkie! Mann könnte durchaus sagen, dass ich für alles empfänglich bin, was der moderne Durchschnittsintellektuelle ansonsten so hasst an dieser Jahreszeit: Ich mag kitschig lichtergeschmückte Gebäude, beginne jedes Jahr allerspätestens Ende Oktober damit, Weihnachtsmusik herauszukramen (wenngleich diese bei mir in der Regel eher in Richtung Rock’n’Roll tendiert), und lasse mich Jahr um Jahr erneut inmitten von Menschenmassen über die diversen Weihnachtsmärkte treiben, um mich dort mit dem einen oder anderen Tässchen Glühwein schon frühzeitig auf Weihnachts-Betriebstemperatur zu bringen. Wenn Sie sich jemals gefragt haben, warum die verschiedenen Lebensmittel-Discounter bereits im Herbst damit beginnen, Weihnachtsplätzchen und Marzipankartoffeln feilzubieten – Ich bin der Grund dafür und sorge mit Hamsterkäufen von Printen,  Spekulatius und allen voran Massen von Dominosteinen für Umsatzsteigerungen im zweistelligen Bereich.

Vor allem jedoch mag ich die Geschichten, die man zur Weihnachtszeit lesen kann. Es sind die eher leisen Töne, die oft in der Hektik des Jahres in den Hintergrund treten, und die mir jedes Mal einen wohligen Schauer den Rücken hinunterrieseln lassen. Ein besonders schönes Beispiel, eine Begebenheit, die sich so tatsächlich zugetragen hat, will ich Ihnen natürlich nicht vorenthalten.

Im Jahre 1897 schrieb die damals achtjährige Virginia O“Hanlon  an die große New Yorker Tageszeitung „The New York Sun“ folgenden Leserbrief: „Ich bin 8 Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt, was in der Sun steht, ist immer wahr. Bitte, sagen Sie mir: Gibt es einen Weihnachtsmann?“

Dies las, so erzählt man sich, der Herausgeber der Zeitung, ein gewisser Francis P. Church, der davon so gerührt war, dass er Virginia auf der Titelseite der nächsten Ausgabe der Sun folgendermaßen antwortete: „Virginia, Deine kleinen Freunde haben nicht recht. Sie glauben nur was sie sehen; sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit Ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. Aller Menschengeist ist klein, ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt. Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie die Liebe und Großherzigkeit und Treue. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe! Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie – gar nichts, was das Leben erst erträglich machte. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönen bliebe übrig. Aber das Licht der Kindheit, das die Welt ausstrahlt, müsste verlöschen. Es gibt einen Weihnachtsmann, sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben. Gewiss, Du könntest deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute ausschicken, den Weichnachtsmann zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme den Weichnachtsmann zu Gesicht – was würde das beweisen? Kein Mensch sieht ihn einfach so. Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie. All die Wunder zu denken – geschweige denn sie zu sehen -, das vermag nicht der Klügste auf der Welt. Was Du auch siehst, Du siehst nie alles. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönsten Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal die Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und Herrlichkeit dahinter zu erkennen sein. Ist das denn auch wahr? kannst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer und nichts beständiger. Der Weihnachtsmann lebt, und er wird ewig leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird er da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen. Frohe Weihnacht, Virginia. Dein Francis Church.“

Die New York Sun hat 1950 ihr Erscheinen eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch wurde dieser Briefwechsel jedes Jahr erneut in der Zeitung abgedruckt.

Wie gesagt, ich bin ein Weihnachtsjunkie. Und nicht nur deshalb wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie schon im November ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest.

Herzlichst, Ihr André R. Kohl

Details
Titel: Weihnachtsausgabe unser Schaufenster 2006
Autor: André R. Kohl
Kunde: Schülingkamp Productions

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