Baumarktfieber

Der Frühling ist eine tolle Jahreszeit. Alles grünt und blüht und Männer mutieren zu Selbermachen. Von Männern und ihrem besonderen Verhältnis zu Baumärkten handelt daher das Editorial der Frühlingsausgabe von „Unser Schaufenster“.

Liebe Leserinnen und Leser,

merken Sie schon was? Es wird Frühling, und zwar mit aller Macht. Der Frühling scheint die Zeit des Jahres zu sein, in der Frauen am liebsten über Ihre Beziehungen reflektieren. Männer, mich eingeschlossen, hingegen packt in diesen Tagen der kollektive „do-it-yourself-Wahn”, so dass vor allem an Samstagen Baumärkte auf uns eine geradezu magische Anziehungskraft ausüben. Dies scheint auch der holden Weiblichkeit nicht entgangen zu sein, so fand ich bei den Recherchen zur diesjährigen Frühlingsausgabe einen Ratgebeber mit dem Titel „Hoffst du noch, oder spricht er schon?” aus dem Jahr 2006, in dem die Autorin Renate Brackhahn-Witt im Wesentlichen drei Fragen stellt: Warum fällt es Männern schwer, ihre Socken aufzuräumen? Warum wollen Männer immer gelobt werden? Und warum verbringen Männer so viel Zeit in Baumärkten?

Nun – So viel Wissensdrang soll nicht unbelohnt bleiben, Frau Brackhahn-Witt. Für die ersten beiden Fragen werden Sie sich wohl oder übel einen Fachman besorgen müssen, zumindest die Antwort auf Ihre letzte Frage will ich Ihnen, quasi als Betroffener, jedoch nicht vorenthalten. Ein Baumarkt ist für mich in etwa so etwas wie eine „Männerversion” von Disneyland, nur ohne blöde Plüschfiguren. Das fängt schon vor dem Betreten des Baumarktes an. Direkt an der Tür stehen nämlich Einkaufswagen, die diesen Namen auch verdienen. Groß, breit, griffig, LKW-ähnliches Ladevolumen – kein Vergleich zu diesen mickrigen Dingern, die man bei Lebensmitteldiscountern findet. Passenderweise gibt es auch gleich nach dem Betreten des Gebäudes in fast jedem Baumarkt einen Imbiss oder zumindest eine Bäckereifiliale. So kann man(n) sich direkt mit dem notwendigen Proviant für einen langen Einkaufstag versorgen.

Und was lässt sich nicht alles erstehen in so einem gutortierten Baumarkt. Ich komme meist gerade noch so an den verführerisch glänzenden Schrauben und Muttern vorbei, spätestens jedoch bei den nach Leistung und Größe in Reih und Glied aufgehängten Akkuschraubern erhöht sich mein Puls spürbar. Ich muss ihn einfach haben! Einige Augenblicke später liegt zudem eine 5000-Watt-Schlagbohrmaschine mit einem Fünfganggetriebenen Rückschlagventil aus von der NASA im Weltraum erforschten Titan, ein Flachzangen-Set mit roten Griffen in verschiedenen Größen, zwei bis acht Zollstöcke, zwei Säcke Fliesenkleber (mittelgrau, für trockene Feuchträume) und 800 Meter 1,5mm dickes, dreiadriges Elektrokabel (denn davon kann man ja bekanntlich nie genug haben!) im Einkaufswagen. Muss man(n) einfach haben: die mit Pressluft betriebene Vakuum- Saug- Pumpe aus rostfreiem Polyacrylamid, mit 105teiligem Zubehör! Wir echten Heimwerker fragen niemals nach. Das ist oberstes Gebot. Es wird gekauft, ausprobiert, vor Wut dann durch die Garage geworfen und eben nochmal gekauft. Ebenfalls extrem wichtig: Augenmaß. Da genügt ein Blick auf die heimatliche Baustelle und wir wissen genau: es werden 17,6 Meter Fußleiste benötigt. Und selbst wenn nach dem Laminatlegen noch etwa 17 Meter davon übrig sind, so ist es immer gut ein wenig davon als Ersatz zu haben.

Merkwürdig, dass noch niemand auf den Gedanken gekommen ist, ein Modegeschäft mit einem Baumarkt zu verbinden, am besten mit einem netten Café als zentralem Treffpunkt. So würden an den ersten Frühlingssamstagen bei Paaren jegliche Diskussionen vermieden, und jeder könnte hemmungslos seinem eigenen Kaufrausch frönen. Wäre sicher sehr konjunkturfördernd.

Herzlichst, Ihr André R. Kohl

P.S.: Nächste Woche fange ich auch ganz bestimmt mit dem Renovieren an. Ganz bestimmt!!! Wenn ich nicht vorher noch in den Baumarkt …

Details
Titel: Osterausgabe unser Schaufenster 2008
Autor: André R. Kohl
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Unser Schaufenster 1 2008

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